Fallstudie: Ohne Prozess-Reife kein Serienanlauf
Die Abnahme der Prozess-Serie findet in 9 Tagen statt. Der Automobilhersteller hat selbst eingegriffen und dem Zulieferer empfohlen eine Task-Force einzusetzen. Der Termin sei sonst nicht zu halten.
Am nächsten Vormittag stand das frisch nominierte Task-Force Team zusammen im War-Room des Produktionswerks in der Slowakei. Das Thema: Eine automatische Montagelinie für elektronische Bauteile. Alle Komponenten werden zentral zugeführt. Am Ende der Linie wird das fertige Produkt auf Funktion geprüft und gelabelt. Ergebnis der ersten Bestandsaufnahme: Die Ausbringung an Gut-Teilen lag bei 40% des Sollwerts. Das Hauptproblem: Der zu hohe Ausschuss.
Task Force 24/7 – aber nur mit klaren Prioritäten
Zwei Ziele waren sehr schnell klar: Erstens galt es, unmittelbar die Lieferfähigkeit in der Vorserie sicher zu stellen und zweitens in Kürze die Prozess-Serie zu bestehen. Eine gute Voraussetzung: Die Task-Force deckt alle beteiligten Fachbereiche ab: Entwicklung, Qualität, Industrialisierung, Logistik, Produktion, Einkauf. Ohne Frage stand die Lieferfähigkeit zunächst im Vordergrund: Zum Glück ließen sich die Ausschuss-Teile nacharbeiten. Sofort organisierte der Werkleiter die Nacharbeit bei einer kleinen Firma in der Nähe. Zeichnung und Arbeitsanweisung waren schnell bereitgestellt und die Quality Wall eingerichtet.
Jetzt konzentrierte sich die Task-Force auf die Prozess-Serie. Die erste Planung zeigt: Um den Termin zu halten, muss die Task-Force rund um die Uhr und am Wochenende im Einsatz sein. Enge Kommunikation und Abstimmung der Aktivitäten erreichte das Team durch täglich mehrere Stand-Up-Meetings zu festgelegten Zeiten und zusätzlich nach Bedarf.
Die Ursachenanalyse: Montierbarkeit der Komponenten
Eine Analyse der Komponenten ergab Klarheit: Abweichungen können kurzfristig nur durch die Montagelinie ausgeglichen werden. Mit den Erkenntnissen aus Produktions-Versuchen ließ sich die Montagelinie Station für Station optimieren. Die Task-Force bat den Hersteller der Montagelinie „Gewehr bei Fuß“ zu stehen. So konnte er schnell reagieren und durch einfache Optimierungen an der Linie einen entscheidenden Beitrag leisten. Parallel erarbeitete das Team die Rückfall-Position: Durch die Analyse aller Komponenten waren kritische Toleranzlagen bekannt. Potenziellen Kollisionen konnte das Team durch manuelle Nacharbeit weitgehend entschärfen. Der Einsatz nachgearbeiteter Komponenten setzt natürlich eine Freigabe der Qualität voraus.
Die Visualisierung des Projektstatus kam bei Kunden und Unternehmensleitung sehr gut an und hat wesentlich zur Akzeptanz der Task-Force beigetragen. Zentral war der Teiletisch, aufgebaut im War-Room. Dort konnte jede Komponente in die Hand genommen werden. Alle relevanten Daten und der aktuelle Messbericht lagen neben jedem Teil.
Der Zulieferer bestand die Prozess-Serie dank des fokussierten Einsatzes der Task-Force. Die optimierte Montageanlage produzierte genügend Gut-Teile, so dass die nachgearbeiteten Bauteile nicht zum Einsatz kamen.
Aus der Task Force lernen
Eine Task-Force unter starker Führung kann in kürzester Zeit viel erreichen. Das zeigt erneut diese Fallstudie. Allerdings: Muss es soweit kommen? Warum versagen die Mechanismen der Projekt-Steuerung? Warum kommt die Eskalation viel zu spät? Und warum durch den Kunden, anstatt durch das eigene Projekt-Controlling des Zulieferers?
Kurzfristig ist die Task-Force das richtige Werkzeug, um Abweichungen im Serienanlauf wieder einzufangen. Mittelfristig gehört das Projektmanagement-System auf den Prüfstand: Risiken frühzeitig erkennen, beseitigen oder mindestens die Folgen mindern, Fokussierung auf den Reifegrad von Produkt und Prozess, ehrliche Projektstatus-Berichte und eine offene Fehlerkultur sind Bestandteil eines Projektmanagements, das solche Krisen von vorne herein vermeiden hilft.