Das Projekt-Dashboard ist die Startseite auf seinem Bildschirm. Es zeigt die Kennzahlen aller Projekte, im Einzelnen und konsolidiert für das gesamte Projektportfolio. Ein beindruckendes und auch kunstvolles Farbenspiel aus Tortenstücken, Balken und Fieberkurven. Er ist stolz, dass er das Unternehmen derart im Griff hat. Fühlt sich wie der Flugkapitän in seinem Cockpit.
Doch dann klingelt das Telefon: Der Kunde ist dran und bitterbös schallt es aus dem Hörer: Keine Freigabe für 17 Komponenten. Lieferunfähig. Der Vorstand ist schon informiert. Können Sie noch heute Nachmittag zu uns kommen? Die Hütte brennt. Ein Bandstillstand kostet 25.000 € – in der Stunde! Wie kann das denn sein? Aus dem Dashboard geht das nicht hervor! Sofort selektiert er das fragwürdige Projekt und stellt fest: Timing gelb, Kosten grün, Leistung gelb, Risiko grün. Ein Einzelfall? Nein!
Blindes Vertrauen in Dashboards ist genauso fehl am Platz, wie das Verteufeln der Kennzahlen. Ein Element fehlt: Die Auseinandersetzung mit dem, was auf dem Shopfloor passiert. Uns inspiriert deshalb die Aussage von Takeshi Uchiyamada, Chief Engineer des Prius und seit 2013 Chairman von Toyota:
„Was passiert eigentlich an Ihrem Arbeitsplatz? Ein gutes Verständnis dafür ist entscheidend. Es ist wichtig, ein klares Verständnis dafür zu haben, was Ihre Arbeit ist und wie Sie es tun.“
Zu effektiver Projektsteuerung gehören also neben Kennzahlen und einem klar aufgebauten Dashboard auch regelmäßige inhaltliche Reviews des Projektstatus. Was hat sich bewährt? Wir haben sieben Vorschläge für Chefs:
1. Konzentrieren Sie sich auf Ergebnisse!
Effektive Projektsteuerung geht nur mit Kennzahlen, die Ergebnisse messen (Sogenannte Output-KPIs). Ein Beispiel:
Im Projekt A existiert eine Checkliste, die die Punkte abfragt, die zur Vorbereitung eines Produktions-Leistungstests durchgeführt werden. Kennzahl: Anzahl der positiv abgearbeiteten Punkte in Prozent (Input-KPI).
Im Projekt B wird die Produktionskapazität und der Ausschuss gemessen, also Ergebnisgrößen des Produktionsleistungstests (Output-KPI).
Die Kennzahl im Projekt A ist ungeeignet, den Ausgang des Produktionsleistungstests zu messen, ist aber wohl geeignet zu entscheiden, ob der Test ausreichend vorbereitet ist und durchgeführt werden kann.
2. Schauen Sie nach vorne!
Wenn Sie ein Auto steuern schauen Sie doch auch nicht in den Rückspiegel, sondern nach vorne auf die Straße. Was hier offensichtlich ist, ist im Projekt-Controlling nicht selbstverständlich. Vielfach werden zur Steuerung historische Daten herangezogen, die die Vergangenheit abbilden. Die Zukunft wird aus der Vergangenheit extrapoliert. Kommt eine scharfe Kurve, landet man im Straßengraben. Deshalb ist der Vergleich zwischen dem Projektplan und einem verlässlichen Forecast entscheidend.
3. Fordern Sie Wahrheit und Aktualität!
Der Dateninput für die Berechnung von Kennzahlen verdient maximale Aufmerksamkeit. Denn kein Projektmanagement-System kann nützliche Kennzahlen berechnen, wenn nicht auf wahre und aktuelle Daten zurückgegriffen wird. Hier haben sich folgende Punkte bewährt:
- Ermitteln Sie Kennzahlen systemgestützt mit einer Projektmanagement-Datenbank als Single Source of Truth
- Machen Sie es zur Routine, dass Projektleiter und Teams Daten aktuell halten. Prüfen Sie die Daten auf Aktualität bei Ihren regelmäßigen Projektreviews
- Ermitteln Sie regelmäßig den Projektstatus durch ein unabhängiges Expertengremium nach dem 4-Augen-Prinzip
4. Definieren Sie Ampelfarben klar und präzise!
Was ist die Bedeutung einer roten Ampel: Na klar – anhalten und warten bis sie grün wird. Im Toyota-Produktionssystem heißt dieses Prinzip „Andon“. Jeder Bandarbeiter kann eine Leine ziehen und das Band stoppen, bis das Problem gelöst ist. Vorteil: Da das Band steht, kann sich jeder Bandarbeiter um die Lösung des Problems beteiligen.
Wenn Sie Ampelfarben im Projekt so nutzen, bekommen rote Projekte die maximale Aufmerksamkeit – genau dazu ist die rote Ampel da.
Grüne Ampel: Auch klar – das Projekt läuft.
Gelbe Ampel: Unklar – kein Präziser Projektstatus. Braucht das Projekt jetzt Unterstützung vom Management oder nicht? Mein Vorschlag: Hopp oder Topp. Streichen Sie die Farbe Gelb aus Ihrem Ampelsystem.
5. Genshi genbutsu – Gehen Sie vor Ort!
Gehen Sie als Chef dorthin, wo das Projektteam arbeitet. Projektteams sind stolz auf Ihre Arbeit und zeigen Führungskräften gerne ihren Projektstatus. Sie erfahren vor Ort mehr, als Sie aus jedem Dashboard ablesen können.
Wir haben in vielen Unternehmen einen Visual Management Walk eingeführt: Einmal im Monat führen Projektleiter das Senior-Management des Unternehmens durch Ihre wichtigsten Projekte. Die Gruppe trifft sich im Projektraum im Stehen. Der Projektleiter präsentiert den Projektstatus anhand der Arbeitsdokumente und Prototypen. Der Effekt: Begreifen durch Anfassen – Das gegenseitige Vertrauen wächst.
6. Checken Sie regelmäßig Ergebnisse!
Ergebnis-Reviews sind feste Größen im Projektplan. In der agilen Entwicklung sind das die regelmäßigen Sprint-Reviews. Der Product Owner akzeptiert die Sprintergebnisse im 4-Augen-Prinzip. Erst dann wird entschieden, inwieweit der Backlog akzeptiert wird. Diese Vorgehensweise lässt sich sehr gut auch im klassischen Projektmanagement umsetzen.
7. Etablieren Sie eine positive Fehlerkultur!
Fehler bringen uns weiter. Unternehmen, die eine positive Fehlerkultur leben, haben einen entscheidenden Erfolgsfaktor für sich verbucht. Offen mit Fehlern umzugehen, ist entscheidend im Frühwarnsystem der Projekte. Je früher ein Fehler entdeckt wird, desto früher kann gegengesteuert werden und größerer Schaden vermieden werden.
Das Vertrauen in Kennzahlen kann nur entstehen und wachsen, wenn Sie Ihren Projektleitern und Ihren Teams vertrauen. Vertrauen können Sie nur gewinnen durch Klarheit, Konsequenz und im persönlichen Kontakt, vor Ort, bei der gemeinsamen Durchsprache am Produkt. Nehmen Sie sich als Chef regelmäßig die Zeit dafür – es lohnt sich.